So wichtig ist die richtige Ernährung für die Zahngesundheit

Infektionsschutz durch ausgewogene Ernährung

© Yuliya Furman – canva.com

Was haben wir nicht alles an – durchaus notwendigen und sinnvollen – Verhaltensregeln und -empfehlungen zum Schutz vor COVID-19 befolgt: angefangen beim Tragen von Mund-Nasen-Schutz und Schutzvisieren über Abstandhalten und das Entfernen von Zeitungen und Getränken aus dem Wartezimmer bis hin zum häufigen Händewaschen und -desinfizieren und zu doppelten Mundspülungen. Für uns in den Zahnarztpraxen war wenig davon neu, denn hohe Hygienestandards gehörten schon immer zu unserem Praxisalltag. Aber ist es überhaupt ausreichend und langfristig wirksam, ausschließlich äußerliche Schutzmaßnahmen zu ergreifen? Wie sieht es mit Infektionsschutz von innen aus?

Eine ausgewogene Ernährung ist für die Gesundheit ein wesentlicher Faktor. Nicht nur zu Zeiten von COVID-19, sondern auch bei entzündlichen Erkrankungen des Zahnhalteapparates wie z. B. Parodontitis und Periimplantitis oder auch Karies. Hier ist das Immunsystem verstärkt gefordert und die Wirtsantwort spielt eine entscheidende Rolle. Denn um das Entstehen von Infektionen zu verhindern beziehungsweise um nachhaltig präventiv zu arbeiten, den Heilungsprozess zu beschleunigen sowie Therapieerfolge zu halten, bedarf es mehr als nur äußerlicher Maßnahmen. Gerade bei oralen Erkrankungen sind viele unterschiedliche Aspekte für das Ausmaß und den Verlauf verantwortlich. Eine der Hauptursachen für die Entstehung sind Bakterien. Aber auch das Immunsystem und der Stoffwechsel spielen eine nicht zu unterschätzende Rolle.
Co-Faktoren wie industriell verarbeitete Lebensmittel, Stress, Rauchen, Medikamente und Bewegungsmangel hemmen nämlich Stoffwechselvorgänge, verhindern die Aufnahme von Vitaminen und Mineralstoffen oder können eine massive Trigger-Funktion ausüben. Um die Wirtsantwort positiv zu beeinflussen, sind nicht nur eine Symbiose in der Mundhöhle durch professionelles und häusliches Biofilmmanagement sowie ein gesunder Verdauungstrakt Grundvoraussetzung. Auch eine ausreichende Versorgung mit Vitaminen und Nährstoffen aus unseren Lebensmitteln gehört dazu.

Wie viele Vitamine und Mineralstoffe in Obst und Gemüse beim Verzehr tatsächlich enthalten sind, hängt von zahlreichen Faktoren ab. Negativ beeinflusst werden kann der Vitamingehalt z. B. durch stark ausgelaugte und überdüngte Böden. Aber auch lange Transportwege und Lagerzeiten können sich ungünstig auf den Nährstoffgehalt auswirken.

Ernährung und Nährstoffe

Bei chronischen Entzündungsprozessen wie Parodontitis besteht vor allem ein erhöhter Bedarf an Mikronährstoffen. Diese liefert eine ausgewogene Ernährung, die sich durch einen Fokus auf überwiegend pflanzliche Kost mit vielen Omega-3-Fettsäuren, Ballaststoffen, diversen Mikronährstoffen und Antioxidanzien auszeichnet. Letztere hemmen die Entzündungsprozesse im Körper und wirken dem Wachstum von parodontalpathogenen Keimen entgegen. Einen negativen Einfluss auf die Entzündungsprozesse im Körper haben hierbei raffinierte Kohlenhydrate (u. a. Haushaltszucker), gesättigte Fettsäuren und Trans-Fettsäuren sowie Cholesterine. Diese Stoffe können u. a. neben den bereits erwähnten Faktoren zu sätzlich auch eine starke Übersäuerung im Körper verursachen.

Hinsichtlich der Nährstoffe ist u. a. auf eine ausreichende Versorgung mit den Vitaminen D3, K2, C, Magnesium und Zink für die Knochen- und Gewebsregeneration zu achten. Zwischen den Nährstoffen, wie Vitamin D, K2, Magnesium und Zink, bestehen besondere Synergien und enge Wechselwirkungen. Zusammen sind sie an knochen bildenden Prozessen und somit auch an der Erhaltung der Knochen beteiligt.


Vitamin D3

unterstützt die Kalzium- und Phosphataufnahme aus der Nahrung, reguliert deren Aufnahme und Ausscheidung aus dem Darm und sorgt so für einen normalen Kalziumgehalt im Blut sowie die Erhaltung der normalen Muskelfunktion. Diesem Vitamin kommt eine buchstäblich tragende Rolle zu, wenn es etwa um Knochendichte und damit um das Fundament für Zähne bzw. Implantate geht. Im Zuge der Parodontitis und/ oder Periimplantitisbehandlungen konnten wir bei den Messungen in der Praxis, bei fast allen unserer Patienten einen erheblichen Vitaminmangel feststellen. Das sogenannte „Sonnenscheinhormon“ kommt nur in geringen Mengen in der Nahrung vor und wird im Körper durch UV-B-Strahlen gebildet. Um einen jahreszeitlichen Mangel vorzubeugen, empfehlen verschiedene Fachgesellschaften bei Bedarf eine tägliche Supplementierung. Auch amerikanische Forscher konnten belegen, dass Vitamin D in Kombination mit Kalzium Parodontitis und damit den Zahnverlust im Alter stark verringern kann.

Vitamin K2

aktiviert das Protein Osteocalcin und hilft bei Einbau/Einlagerung von Kalzium und Phosphat in Knochen sowie Zähnen und reguliert den Kalziumspiegel im Blut. Vitamin K2 verhindert die häufig angeführte Gefahr einer Ablagerung (Plaque), die zu Schädigung von Gefäßen, Organen und Gewebe führen kann, wenn Vitamin D ohne Vitamin K hochdosiert zugeführt wird. Aus diesem Grund empfiehlt sich, eine gemeinsame Supplementierung durchzuführen. Magnesium ist wichtig, um Vitamin D3 in seine aktive Form umzuwandeln und zu speichern, trägt zu einer psychologischen Muskel- und Nervenfunktion bei und ist an vielen weiteren Stoffwechselvorgängen beteiligt.

Zink

erreicht laut nationaler Verzehrstudie bei 32 Prozent der Männer und 21 Prozent der Frauen nicht die empfohlene Zufuhrmenge. Dabei aktiviert Zink nicht nur die Vitamin-DRezeptoren, sondern ist auch am Knochenstoffwechsel und der Wundheilung beteiligt. Eine ausreichende Versorgung mit diesem Mineralstoff sollte gesichert sein und bei nachgewiesenem Mangel ggf. auch durch die Einnahme substituierender Präparate angestrebt werden.

Vitamin C

spielt eine wichtige Rolle bei der Kollagensynthese und Gewebserneuerung des Desmodonts. Einer wissenschaftlichen Studie zufolge sind mehr als 70 Prozent der Parodontitispatienten Raucher. Wenn man bedenkt, dass bei einem gesunden Nichtraucher der Tagesbedarf bei 100 Milligramm Vitamin C liegt und dass ein Raucher mit jeder Zigarette etwa 25 Milligramm Vitamin C verliert – dann wird schnell klar, dass eine zusätzliche Zufuhr durch Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel unerlässlich ist.


Übersäuerung

Durch unsere heutige Lebensweise ist es nicht immer einfach, eine gesunde Balance des Säure-Basen-Haushalts herzustellen. Eine basenarme Ernährung, Bewegungsmangel und chronischer Stress können deshalb rasch zur Übersäuerung des Körpers führen. Dies hat einen gestörten Transport von Nährstoffen im Körper zufolge, eine Beeinträchtigung der Hormontätigkeit sowie eine Verringerung der Sauerstoffaufnahme im Gewebe.5 Eine gesunde basische Ernährung dagegen verbessert viele Stoffwechselvorgänge, stärkt das Immunsystem und kann sich auf die Knochendichte positiv auswirken. Bei der Ernährung sollte auf ein Ver hältnis von 80 Prozent basenspendenden und 20 Prozent säurespendenden Lebensmitteln geachtet werden.

Fazit

Das Zusammenwirken von Faktoren, wie z. B. pathogene Bakterien, mangelnde Mundhygiene, geschwächte Immun abwehr, Stress, Adipositas, genetische Disposition, Rauchen, Allgemeinerkrankungen und nicht zuletzt Nährstoffmangel durch falsche Ernährung, kann die Entstehung von Parodontitis und Karies mitverursachen und den Verlauf negativ beeinflussen. Wichtig ist es aus meiner Sicht deshalb, dass wir das ganzheitliche Bild des Patienten im Blick haben und den oralen Zustand nicht losgelöst von der all gemeinen Gesundheit betrachten. Denn so können die erwünschten Behandlungserfolge nach haltig erreicht werden.

Fachartikel, erschienen in ZWP 01+02/21