Politurpasten und deren Inhaltsstoffe

Materialkunde. In der individuellen professionellen Zahnreinigung ist die Zahnpolitur mit Polier- und Reinigungspasten schon seit über 25 Jahren fester Bestandteil der Prophylaxe- und PA-Konzepte. Doch was steckt drin?

Seit der Einführung haben sich nicht nur die Instrumente weiterentwickelt, auch die Vielfalt an Polierpasten und -körpern hat sich ständig erweitert und ermöglicht uns heute, sehr individuell auf die unterschiedlichen Bedürfnisse unserer Patienten einzugehen. Deshalb stellt sich für mich selbst nach all den Jahren nicht die Frage: Politur ja oder nein, sondern: Welche Indikation liegt vor und wie erreiche ich für den Patienten das beste Ergebnis?

Folgen einer ungeeigneten Polierpaste

Bei der Politur kommen Reinigungs- und Polierpasten zum Einsatz, die bei minimaler Abrasion für die größtmögliche Reinigungswirkung an den Zähnen sorgen sollen. Das Ziel ist eine glatte und saubere Oberfläche, um die Anhaftung des bakteriellen Biofilms zu hemmen und somit das Karies- und Gingivitisrisiko zu verringern. Die Wahl der Polierpaste richtet sich dabei u. a. nach der zu bearbeitenden Oberfläche (Zahnhartgewebe oder Füllungsmaterialien wie Komposite, Kompomere, Glasionomerzemente oder Amalgam) und dem Vorhandensein von prothetischen Versorgungen und Implantaten. Denn bei Einsatz des falschen Produkts oder bei falscher Anwendung kann es zu unangenehmen Überempfindlichkeiten oder Schmerzen kommen sowie zu einer verstärkten Anlagerung von Verfärbungen. Durch ungeeignete Polierpasten entstehen z. B. auch Kratzer auf Restaurationen, die dadurch nicht nur in ihrer Ästhetik, sondern auch in ihrer Lebensdauer leiden.

Anamnese vor der Politur

Nicht nur die Oberfläche bestimmt die Wahl der Polierpaste, sondern auch die individuelle Situation des Patienten. Hat der Patient Probleme mit Überempfindlichkeiten oder ein erhöhtes Kariesrisiko? Ist er vielleicht Raucher oder nimmt häufig stark färbende Lebensmittel und Getränke zu sich? Bestehen evtl. Allergien oder eine Mundtrockenheit? Ein absolutes Muss bei jeder professionellen Zahnreinigung ist deshalb die allgemeine und spezielle Anamnese, um gesundheitliche Folgen für den Patienten auszuschließen.

Haben Patienten Allergien oder Unverträglichkeiten, können sie auf synthetische Emulgatoren, Farb- und Konservierungs- sowie Schaumstoffe mit Beschwerden wie Schleimhautreizungen, trockenen Lippen bis hin zu Desquamationen oder Mundtrockenheit reagieren. Zu den genannten Verbindungen gehören Inhaltsstoffe wie Polyethylenglykole, Natriumlaurylsulfate, Phthalate, Chlorhexidin oder Titandioxid. Ein erhöhtes Unverträglichkeitspotenzial besitzen aber auch natürliche Stoffe wie Gluten und Lactose. Befinden sich Patienten in homöopathischer Behandlung sollte bei Polierpasten außerdem auf Inhaltsstoffe wie Kampfer, Pfefferminze und Menthol verzichtet werden, da diese die Wirkung der homöopathischen Mittel schwächen oder gar aufheben können.

Reinigungsqualität und Abrasivwert

Die Reinigungsleistung der Polierpaste wird maßgeblich durch den Zusatz von Abrasivstoffen wie Silikaten, Perlit, Xylit, Salzen, Kalziumcarbonaten oder Phosphaten bestimmt. Dabei beeinflussen Art, Größe, Menge, Konzentration und Zusammensetzung der Stoffe die Wirkung. Ein weiterer wichtiger Faktor für das Maß der Abrasivität ist der pH-Wert der Paste. Um zu verhindern, dass die Zähne oder die Mundschleimhaut angegriffen werden, sollte immer eine Paste mit neutralem pH-Wert gewählt werden.

Reinigungsleistung und Abrasivität jeder Polierpaste hängen zusätzlich von folgenden Einflüssen ab: Art und Härtegrad der Polierkörper, ausgeübter Anpressdruck beim Polieren auf dem Zahn, Art des Winkelstücks und Anzahl der Umdrehungen. Spezielle Prophylaxewinkelstücke mit einem möglichst kleinen Kopf ermöglichen einen optimalen Workflow.

Wie aussagekräftig ist der RDA-Wert?

Der sog. RDA-Wert (RDA für „relative dentin abrasion“) oder auch REA-Wert (REA für „relative enamel abrasion“) soll Anwendern bei der Einordnung der Abrasionswirkung von Polierpasten helfen. Jedoch ist die Bestimmung des relativen Abrasionsgrads nicht genormt und geschieht mit unterschiedlichen (standardisierten) Verfahren und Methoden, sodass die Angaben für ein und dasselbe Produkt leicht variieren können. Es ist daher ratsam zu wissen, mit welchem Verfahren der jeweilige RDA-Wert ermittelt wurde. Einige Hersteller verzichten mittlerweile darauf und geben als Orientierungshilfe nur noch Begriffe wie „grob“, „mittel“ und „fein“ an.

Wann welche Paste?

Stark abrasive Pasten (RDA 80-100) sollten nur punktuell an den Zahnoberflächen verwendet werden, um hartnäckige Verfärbungen zu entfernen. In vielen Fällen ist eine Nachpolitur mit einer feinen Paste sehr zu empfehlen. Bei der Politur von Implantat- und Keramikversorgungen sowie bei freiliegenden Zahnhälsen sollte direkt zu einer feinen Paste ohne Bimsstein und mit niedrigem RDA-Wert (weniger als 7) gegriffen werden, um eine sehr schonende Reinigung zu ermöglichen.

Geschmacks- und Wirkstoffe in Polierpasten

Neben den bereits erwähnten Bestandteilen enthalten Polierpasten häufig noch weitere Inhaltsstoffe, die Geschmack und Wirkung beeinflussen. Gerade bei der Behandlung von Kindern lässt sich die Mitarbeit der Patienten wesentlich steigern, wenn die Polierpaste Aromen von Fruchtsorten enthält bzw. nach Vanille, Schokolade, Kaugummi oder Minze schmeckt.

Je nach Indikation ist es sinnvoll, Polierpasten mit oder ohne Fluoride einzusetzen. Für Kariesrisikopatienten etwa können Pasten mit bis zu 12.500 ppm verwendet werden. Vor einer Versiegelung sollte jedoch auf eine Fluoridzufuhr verzichtet werden. Weitere spezielle Wirkstoffe sind bspw. Xylit mit karieshemmenden Eigenschaften sowie Hydroxylapatit und bioverfügbares Kalziumphosphat zur Unterstützung der Schmelz- und Dentinqualität. Auch die Pro-Argin-Technologie kommt in Polierpasten häufig zum Einsatz. Sie basiert auf der Verwendung von Arginin und schwer löslichem Kalziumcarbonat, die desensibilisierend wirken.

Die Zusammensetzung der Inhaltsstoffe bestimmt auch die Textur der Paste, die für die Verarbeitung wichtig ist. Sie sollte nicht zu trocken, bröselig oder ölig sein, sodass eine gute Substantivität gegeben ist. Um die Wirksamkeit der Inhaltsstoffe zu gewährleisten, sollten die Pasten idealerweise nicht über 25 °C gelagert und vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt werden. Die Haltbarkeit beträgt dann in der Regel etwa 30 Monate. Bei Verwendung von unterschiedlichen Polierpasten sollte das Öffnungsdatum vermerkt werden, um die Haltbarkeit überprüfen zu können.

Fazit

Mit der richtigen Polierpaste hemmt die Politur die Neubesiedelung der Zahnoberflächen durch pathogene Keime und spielt damit eine absolut wichtige Rolle in der Prävention. Nicht zu unterschätzen ist auch das Gefühl von glatten und sauberen Zähnen, das dem Patienten ein angenehmes Mundgefühl vermittelt und so seine Motivation für die häusliche Mundpflege verbessert.

Beitrag, erschienen in Wir in der Praxis 05/23