PZR mit Pulverstrahlgeräten

Aber sicher!

Noch immer ist der orale Biofilm die Hauptursache für Karies und Erkrankungen wie Parodontitis und Periimplantitis. Weitere Faktoren für den Krankheitsverlauf sind z. B. Nikotinkonsum, Stress, Medikamente oder Vitamin- und Nährstoffmangel. Für eine effektive, substanzschonende und patientenfreundliche Entfernung des Biofilms stehen uns heute verschiedene Pulver-Wasserstrahl-Geräte und wenig abrasive Pulver zur Verfügung.

Die Deutsche Mundgesundheitsstudie DMA-V-Studie von 2016 zeigt einen klaren Rückgang der Erkrankungen der Mundhöhle sowie von Zahnerkrankungen,
Karies und Parodontitis. Das ist ein gutes Zeichen und zeigt, dass wir mit unseren Maßnahmen auf dem richtigen Weg sind. Wir sollten unsere Anstrengungen
jedoch keinesfalls zurückschrauben.
Im Gegenteil:
Es besteht weiterhin ein großer Behandlungsbedarf für uns in der Praxis. Neben den direkten Auswirkungen auf Zähne und Zahnfleisch ist bekannt, dass Allgemeinerkrankungen (Arthritis, Diabetes oder Adipositas etc.) im Zusammenhang mit Karies, Gingivitis oder Parodontitis stehen. Dies unterstreicht die Wichtigkeit der aktuellen Patientenanamnese, die unbedingt immer vor Behandlungsbeginn berücksichtigt werden sollte. In der Prophylaxe wie auch in der Parodontal(PA)-Therapie liegt ein klarer Fokus auf der Reduzierung pathogener Biofilme.

Im Biofilmmanagement und der Belagsentfernung ist deshalb die Anwendung von Pulverstrahlgeräten mit der AIRFLOW®- sowie der PERIOFLOW®-Technik immer gefragter. Sie ist neben der konservativen Behandlung mit Scaling und Root Planing (SRP) ein wichtiger und effizienter Bestandteil der Therapie geworden. Das Ziel beim Arbeiten mit Pulverstrahlgeräten ist die minimalinvasive Reduzierung bzw. Beseitigung des Biofilms – sowohl supra- als auch subgingival in Verbindung mit der Bildung glatter Oberflächen.
Um Fehler bei der Anwendung zu vermeiden, ist eine konkrete Einweisung seitens des Herstellers erforderlich. Noch besser wäre eine Weiterbildung in Theorie
und Praxis in Bezug auf Pulverauswahl, Dauer, Häufigkeit, Lokalisation, Arbeitsbewegungen, Abstand, Strahlwinkel, Düsenauswahl und Absaugtechnik.

Richtiger Umgang mit Aerosol

Gerade angesichts der schwierigen Situation beim Einsatz von Pulverwasserstrahlgeräten ist der Infektionsschutz in den Praxen besonders wichtig. Aber nicht
nur für die Patienten, vor allem für uns als Praxisteam besteht ein nicht zu unterschätzendes Infektionsrisiko. Wichtig ist daher natürlich das Einhalten aller bisherigen und aktuellen standardisierten Hygiene- und Schutzmaßnahmen gemäß den Richtlinien des Robert Koch-Instituts.

Vor der Behandlung sollte,laut Empfehlung der Studie von Xian et al. von März 2020 zusätzlich zur 0,2 %-igen Chlorhexidindiglukonat- Spüllösung eine 1 %-ige
H2O2-Lösung oder 0,2 % Povidon bzw. Polyvinylpyrrolidon(PVP)-Jod angewendet werden, um Bakterien und Viren abzutöten.
Auch eine leistungsfähige Absaugung, eine korrekte Wasserstärkeneinstellung gemäß Hersteller und eine direkte Absaugtechnik mit einer großen Kanüle mit Nebenlufteinlässen sowie zusätzliche Speichelsauger leisten einen wichtigen Beitrag zum Infektionsschutz. Nach jeder Behandlung ist eine Stoßlüftung sinnvoll, um das Ansteckungsrisiko über Aerosole in der Luft zu reduzieren.

Pulverarten

Natriumbikarbonat, das Pulver, das früher am häufigsten verwendet wurde, ist mittlerweile von den weiterentwickelten Pulvern auf Glycin-, Erythrit- oder Trehalosebasis im Prinzip „eingeholt“ worden. Diese ermöglichen eine substanzschonende supra- wie auch subgingivale Behandlung. Für den Behandlungsalltag ist eine ganz klare Unterscheidung der verschiedenen Pulver sehr wichtig.
Klinische Parameter, individuelle Risikofaktoren sowie der Anwendungsbereich bilden die Basis, auf der das für den Einzelfall geeignete Pulver ausgewählt werden sollte. Das heißt, dass die Mitarbeiterin genau wissen sollte, mit welchem Pulver sie auf Schmelz oder Dentin arbeiten darf und welches sie im supra- oder im subgingivalen Bereich einsetzen sollte.

Anwendungsbereiche

  • Entfernung bzw. Zerstörung des subgingivalen Biofilms im Rahmen der aktiven PA-Behandlung oder bei der unterstützenden Parodontitistherapie (UPT)
  • Reinigung und Biofilmmanagement von Implantatoberflächen
  • Nichtchirurgische Behandlung von Periimplantitis und Mukositis
  • Regelmäßige Bakterienreduktion bei Allgemeinerkrankungen wie Diabetes oder Rheuma
  • Reinigung schwer zugänglicher Restaurationen
  • Entfernung von Verfärbungen, etwa durch Nikotin, Kaffee- und Teebeläge, auch durch Chlorhexidin oder Black Stain (Melanodontie)
  • Reinigung mit Entfernung des Schmelzoberhäutchens vor Konditionierung vor Fissurenversiegelung oder kieferorthopädischen Maßnahmen (Kleben vor Brackets)
  • Reinigung fester kieferorthopädischer Apparaturen
  • Reinigung von Zunge und Weichgewebe zur Vorbeugung von Halitosis

Welches Gerät ist das richtige? Handy oder Tischgerät?

Beide Gerätetypen sind aus dem Prophylaxealltag nicht mehr wegzudenken. Handys sind im Vergleich zu Standgeräten bei der Anschaffung vergleichsweise
günstiger, jedoch hinsichtlich ihres Einsatzspektrums auch begrenzter.
Aufgrund der kleineren Pulverkammern am Handy sind eher kürzere Prophylaxemaßnahmen möglich. Neuere Generationen überzeugen durch ihr gutes
Handling (Ergonomie) dank geringer Größe und geringem Gewicht. Auch das Wechselkammerprinzip (Lunos von Dürr Dental), welches ein leichtes und sauberes
Wechseln der unterschiedlichen Pulvertanks ermöglicht, hat sich im Workflow bewährt.
Für alle Praxen, aber besonders für Großpraxen mit einem hohen Prophylaxedurchlauf sind Tisch- oder Standgeräte (AIRFLOW® Prophylaxis Master von EMS) effizienter. Sie bieten nicht nur eine hohe Flexibilität bei den Einstellungsmöglichkeiten (je nach Behandlungsindikation) bezüglich der Mengenzufuhr und Temperatur des Pulver/Wasser- Gemischs, sondern ermöglichen durch die großen Pulvertanks und das leichte Handstück auch ein langes und ergonomisches
Arbeiten.

Noch einige praktische Tipps aus der Erfahrung

Bei der Anwendung
  • Jeder Patient sollte eine Schutzbrille tragen, Kontaktlinsenträgern empfiehlt man aufgrund von leichter Staubentwicklung am besten immer, zusätzlich die Augen zu schließen.
  • Das Auftragen von Vaseline oder Kokosfett verhindert das Antrocknen der Lippen und wird von den Patienten als sehr angenehm empfunden.
  • Zusätzlichen Service bietet auch ein Prophylaxetuch, mit dem man das Gesicht und die Kleidung abdeckt.
  • Die Zahnoberfläche wird mit einem Abstand von 3 bis 5 mm bearbeitet.
  • Düsen muss bei der klassischen AIRFLOW®-Methode in einem Winkel zwischen 30 und 60° zur Zahnachse (immer vom Zahnfleischrand weg) Richtung Schneidekante bzw. Kaufläche gehalten werden.
  • Die Bewegungen sollten stetig und leicht kreisend über die Zahnoberflächen erfolgen.
  • Zum Abschluss der Behandlung, je nach Jahreszeit, ein kaltes oder warmes Baumwoll- oder Bambustuch zur Erfrischung reichen
  • Nach grober Entfernung von Farbbelägen mit Natriumbikarbonat werden alle Zahnflächen mit feiner Polierpaste feingeglättet.
Nach der Anwendung
  • Idealerweise sollte eine Fluoridierung mit entsprechenden Lacken oder Touchierlösungen erfolgen.
  • Der Patient sollte für zwei bis drei Stunden auf färbende Nahrungsund Genussmittel verzichten, da das Schmelzoberhäutchen bis zu dessen Neubildung anfälliger für die Einlagerung von Farbpartikeln ist.

Genauso wichtig wie das Wissen über Indikationen
ist es, vor der Reinigung klare
Kontraindikationen zu erkennen. Das ist
durch eine sorgfältige Anamnese und eine
zusätzliche orale Inspektion möglich.

Darauf sollten sie achten (Kontraindikationen)
  • Freiliegende Zahnhälse
  • White Spots
  • Schmelzreifungsphase
  • Asthmatiker
  • Niereninsuffizienz
  • Salzdiät
  • Bronchitis
  • Patienten mit Zitrusallergie

Für mich als Dentalhygienikerin ist der Einsatz von Pulverwasserstrahlgeräten ein zusätzliches Tool, da das Thema Zeitersparnis und Wirtschaftlichkeit im Praxisalltag ein nicht unwichtiger Faktor ist. Besonders sinnvoll finde ich den Einsatz von PERIO-Pulvern in der aufwendigen Reinigung kieferorthopädischer Apparaturen und in der kompletten PA-Therapie sowie auch das Arbeiten mit AIRFLOW®-Pulvern bei der ganz gezielten Entfernung von hartnäckigen Farbbelägen.