Up-to-Date mit Spüllösungen und Mundduschen

Welchen Stellenwert haben sie in unserer täglichen Mundhygiene?

Die Mund-und Zahnpflege rückt mehr denn je durch die Covid-19-Thematik in den Fokus der Medien und bekommt in der Prävention und in der Erhaltungsphase einen höheren Stellenwert. Dies macht nicht zuletzt ein Statement vom Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK), Prof. Dr. Roland Frankenberger (Uni Marburg), klar: „Eine gesunde Mundhöhle ist immer eine bessere Immunbarriere als eine kranke Mundhöhle“.

Mit welchen Maßnahmen und Mitteln können wir aktiv etwas für eine gesunde Mundhöhle tun? Ein naheliegender Schritt ist die Bekämpfung von pathogenen Bakterien. Denn bei fast allen entzündlichen Prozessen im oralen Bereich – egal, ob am natürlichen Zahn, Implantat oder Zahnhalteapparat – gehören in den meisten Fällen Bakterien und Zahnbelag ( Biofilm) zu den Hauptverursachern (Axelsson und Lindhe 1978). Natürlich spielen auch Faktoren wie eine geschwächte Immunabwehr und der Einfluss chronischer Krankheiten mit Stoffwechselerkrankungen wie z.B. Diabetes, Rheuma, Tumor-/Herz-/Kreislauferkrankungen ebenfalls eine große Rolle und bedingen sich häufig gegenseitig. Dazu kommen verschiedene Verhaltensfaktoren wie Ernährung, Lifestyle und Stress. Deshalb werden auch in Fachkreisen immer stärker die Zusammenhänge zwischen oralen Erkrankungen wie Karies und Parodontitis und allgemeinbedingten Erkrankungen beschrieben und thematisiert.

Und genau aus diesem Grund ist das Thema Biofilmmanagement wichtiger denn je.

Im professionellen Bereich betreuen und behandeln die Praxen den Patienten mit PZR und UPT. In der Prävention und der Erhaltungsphase spielt allerdings die häusliche Mundhygiene/Biofilmmanagement eine zentrale Rolle. Der dentale Markt bietet eine Vielzahl an Produkten und Geräten, die den Patienten bei der Mundpflege unterstützen sollen. Wichtig dabei ist aber, dass jeder Patient eine ganz individuelle Mundhygieneberatung in der Praxis bekommt, und dass für ihn eine einfache und schnelle Umsetzung der Maßnahmen möglich ist. Sie müssen also effektiv und anwenderfreundlich sein.

Der Praxisalltag zeigt uns, dass die Durchführung einer perfekten Mundhygiene für viele Patienten fast nicht möglich ist. Denn es bedarf mehr als nur das alleinige Zähneputzen. Das bestätigt auch eine Studie, Zahnbeläge allein durch Zähneputzen nur unzureichend entfernt werden können (Dela Rosa et al. 1979).

Dies zeigen auch sehr deutlich die in der Praxis erhobenen Plaque- und Blutungsindizes (z.B. mit Paro-Status), die idealerweise grundsätzlich bei allen Prophylaxe-Sitzungen durchgeführt werden sollten. Die Ergebnisse weisen auf einen großen Handlungsbedarf hin. Die Anwendung von Interdentalraumbürsten oder Zahnseide zum Beispiel ist in der Regel ergänzend zum Zähneputzen immer erforderlich, in der gelebten privaten Mundhygiene aber
immer noch keine Selbstverständlichkeit.

Vestibuläre und orale Glattflächen der Zähne sind mit der Zahnbürste zwar meist gut zu reinigen, jedoch bleiben die restlichen Bereiche, insbesondere die Zahnzwischenräume, von der Bürste meist weitgehend unberührt. Vor diesem Hintergrund sollte diesen Bereichen der Mundhöhle, in denen Karies und gingivale bzw. parodontale Entzündungen häufiger entstehen, besonders große Aufmerksamkeit gewidmet werden. (Claydon 2008).

Wichtig ist es dabei, immer eine individuelle Lösung zu finden, die auf die Bedürfnisse des Patienten ausgerichtet sind. Denn es gibt bei der Auswahl an Hilfsmittel keine dogmatische Empfehlung, was „richtige“ oder „falsche“ Mittel und Maßnahmen sind. Entscheidend ist, dass Produkt und Pflege zu der Mundsituation des Patienten passen.

Für welche Patienten sind Spülungen und Mundduschen sinnvoll?

Es gibt viele Patienten, denen es aus den unterschiedlichsten Gründen nicht möglich ist, eine optimale Reinigung durchzuführen oder notwendig, die bestehenden Mundpflege-Rituale zu ergänzen und zu optimieren.

Dies fängt schon bei Jugendlichen an, die aufgrund einer KFO-Therapie, der Pubertät, veränderter Ernährungsgewohnheiten (mehr Fast Food und Energydrinks), Nikotinkonsums oder mangelnder Compliance in der Mundhygiene zu den Karies-Risikopatienten gehören. Nach einer parodontalen oder periimplantären Erkrankung wenn große Interdentalräume bzw. Rezessionen entstehen, können speziell ältere Menschen durch altersbedingte Handicaps wie z.B. motorische Einschränkungen oder Sehschwäche eine gute Reinigung oft nicht mehr durchführen. Auch nach oralen chirurgischen Eingriffen wie zum Beispiel intermaxillären Fixierungen, nach einer Chemotherapie oder bei Mundtrockenheit ist häufig die normale Mundhygiene eingeschränkt und dadurch in all diesen Fällen eine zusätzliche Maßnahme notwendig.

Spülungen: Anforderungen und Wirkstoffe

Beim häuslichen Biofilmmanagement spielen Mundspüllösungen seit einiger Zeit eine immer größer werdende Rolle. Dies bestätigte kürzlich erst die Aufnahme von Mundspüllösungen ergänzend zur mechanischen Reinigung in die neue S3-Leitlinie im November 2019.

Die Leitlinien sollen Anwendern aufzeigen, welche Mundspüllösungen zur Prä-
vention und zur Therapie gingivaler Erkrankungen geeignet sind. Zusätzlich wird in den neuen Leitlinien die klinische Wirksamkeit des zusätzlichen Mundspülens mit antibakteriellen Wirkstoffen (chemische Biofilmkontrolle) mit der Wirkung der rein mechanischen Plaque-Kontrolle verglichen.

Denn im Praxisalltag erleben wir häufig, dass mit der häuslichen mechanischen Mundhygiene – trotz individuellen Putztrainings, eingehender Instruktionen und wiederholter Motivation – nicht das gewünschte Ergebnis erzielt werden kann. Mundspüllösungen mit antibakteriellen
Wirkstoffen (z.B. auch mit ätherischen Ölen) oder mit Fluoriden können jedoch die Aktivität des bakteriellen Zahnbelags kontrollieren und so die Entstehung von Karies und Gingivitis stark beeinflussen. Ihre zum Teil bakteriziden Eigenschaften beeinflussen den Bakterienstoffwechsel negativ, sodass die Neubildung von Plaque gehemmt wird.

Damit Mundspüllösungen ihre Wirkung entfalten können, ist eine gute Substantivität und eine ausreichend lange Verweildauer an den Zahnoberflächen und am Weichgewebe wichtig. Außerdem sollten die Wirkstoffe in ausreichender Konzentration vorliegen. Sehr stark konzentrierte Lösungen können allerdings das ökologische Gleichgewicht der Mundflora angreifen und sollten deshalb nicht über einen längeren Zeitraum eingesetzt werden.

Nicht vergessen werden sollte ein weiterer Aspekt, der auch bei der PatientenMotivation wichtig ist: der Geschmack. Mundspüllungen schmecken meist minzig-frisch, geben einem ein gutes Mundgefühl und einen angenehmen Atem. Und da sie meist einfacher und unkomplizierter in der Anwendung sind als andere Hilfsmittel, werden sie von den Patienten auch gerne benutzt.

Das hauptsächliche Ziel des zusätzlichen Spülens mit einer antibakteriellen Mundspülung ist es, den Erfolg der mechanischen Mundhygiene zu verbessern und zu unterstützen. Es kommt darauf an, Plaque deutlich zu reduzieren und damit einer Gingivitis vorzubeugen. Besteht eine Gingivitis, kann eine antibakteriell wirkende Mundspülung zu einem schnelleren Heilungsprozess beitragen. Die der Leitlinie zu Grunde gelegten Studien zeigen, dass die zusätzliche Anwendung chemisch-antibakterieller Wirkstoffe in Mundspüllösungen als Ergänzung zur mechanischen Reinigung effektiv zu einer Reduktion des dentalen Biofilms beiträgt – und damit zur Gingivitis-Prophylaxe. Es ist also nur zu empfehlen, antibakterielle Wirkstoffe (ätherische Öle, Chlorhexidin, Copolymer) in die tägliche Mundpflege mit einzubinden.

Mundduschen

Bei Patienten erfreut sich die Munddusche zunehmender Beliebtheit. Ein Grund dafür ist sicherlich die einfache Anwendung. Auch das erfrischende Gefühl im Mund wird von vielen geschätzt. Trotzdem wird die Munddusche in Fachkreisen oft lediglich als lästiges Beiwerk geduldet und in Ausbildungsinhalten in der Regel gar nicht berücksichtigt. Deshalb ist es für viele Mitarbeiterinnen in der Praxis oft schwer, die Bedeutung der Munddusche in der Mundhygieneberatung richtig einzuordnen.

In jüngsten Studien wurde der Effekt des Wasserstrahls auf eine plaquebesiedelte Zahnoberfläche mit einem Rasterelektronenmikroskop untersucht. Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass nach dem Absprühen einer mit Biofilm besiedelten Zahnoberfläche mit einer Munddusche innerhalb von 3 Sekunden praktisch kein Biofilm mehr nachzuweisen war (Gorur et al.).

Die Realität ist aber leider, dass einige Patienten einer zusätzlichen Reinigung mit Zahnseide und Interdentalraumbürstchen ablehnend gegenüberstehen – sei es aus Zeitmangel, Bequemlichkeit oder Anwendungsproblemen. Hier sehe ich eine Munddusche als Mittel der Wahl. Denn die heutigen auf dem Markt erhältlichen Mundduschen sind einfach anzuwendende und unterstützenbei der Entfernung des Biofilms.

Generell unterscheidet man 3 Arten von Mundduschen: Die stationären Mundduschen, dietragbaren/mobilen Mundduschen sowie diejenigen, die direkt an die Wasserzufuhr angeschlossen werden.

Stationäre Mundduschen

Hochwertige Mundduschen wie z. B. von Braun (Oral-B), Philips (Sonicare) oder Waterpik basieren auf einem Doppelpumpen-System. Sie arbeiten nicht nur mit einem einzelnen Wasserstrahl, sondern mit einem Wasser-Luft-Gemisch sowie einer Puls-Modulations-Technologie. Diese Kombination hat sich bei der Interdentalraumreinigung als deutlich effizienter erwiesen. Nebenbei verringert sich durch diese Technik der Wasserverbrauch.

Sinnvoll ist auch die Regulierbarkeit der Stärkestufen des Strahls, sodass eine Massage wie auch eine intensive Reinigung möglich ist.

Der Wassertank kann mit reinem Wasser oder auch zusätzlich mit antibakteriellen Zusätzen befüllt werden. Nicht jede Munddusche ist für diesen Gebrauch geeignet, deshalb sollte das vorher abgeklärt bzw. die Herstellerbeschreibung befolgt werden. Abnehmbare Tanks sind in puncto Handling und Reinigung eindeutig von Vorteil. Da es mehrere Düsen gibt, kann eine Munddusche ähnlich wie eine elektrische Zahnbürste von der ganzen Familie verwendet werden.

Das gilt auch für Kinder – insbesondere vor dem Hintergrund der Mundhygiene-Früherziehung. So können sie den spielerischen Umgang mit Zahnbürsten und Co. erlernen.

Ob man ein Modell mit Akku oder Stromkabel bevorzugt, hängt von den örtlichen Gegebenheiten ab. Mundduschen mit Akku bieten natürlich eine gewisse Flexibilität und können überall platziert werden, allerdings muss dabei an das regelmäßige Aufladen gedacht werden.

Tragbare/mobile Mundduschen

Im Gegensatz zur stationären Variante ist man bei der Anwendung nicht mit dem Standgerät verbunden und kann die Mundspülung überall durchführen. Bei der mobilen Munddusche befindet sich der Wassertank im Griff, weshalb dieser etwas größer und schwerer ist. Für ältere Patienten mit motorischen Störungen kann dies ein großer Vorteil sein, da eine Interdentalraumreinigung mit Seide oder filigranen Brüstchen oft nicht mehr möglich ist. Mobile Geräte verfügen oft über eine ähnliche oder sogar gleiche technische Ausstattung wie stationäre. Nachteile können das begrenzte Fassungsvermögen des Wassertanks sowie die Akkuleistung sein.

Mundduschen zum Anschluss an den Wasserhahn

Bei der Munddusche mit einem direkten Anschluss (z.B. von der Firma Silodent) wird das Wasser direkt aus dem Hahn entnommen. Das ist platzsparend und weder ein Akku noch Strom gebraucht werden, ist eine solche Munddusche besonders gut für Reisen geeignet. Auch die Stärke des Wasserstrahls und die Temperatur lassen sich regeln.

Fazit

Ich werde oft gefragt, ob ich Mundspülungen und -duschen für sinnvoll halte. Meine Antwort ist ganz klar: ja. Denn sie können bei vielen Patienten zu einem besseren Mundgefühl beitragen – ganz gleich, ob sie zur Unterstützung der Reinigung angewendet werden, oder um einen frischen Atem zu haben. Mundspülungen sind eine gute Ergänzung zum Zähneputzen. Da halte ich es ganz mit Prof. Einwag aus Stuttgart, der während meiner Ausbildung vor 25 Jahren gern in Anlehnung an Miller einen Satz zitierte, der mich seither begleitet:

„Ein sauberer Zahn wird nicht krank.“